Radfahren...!

Münster und der Münsterland-Giro 2011
1. - 3. Tag: Vor der Vechtetal-Route, 59 km

Ein Fahrrad-Reisebericht über einen Aufenthalt in Münster in Verbindung mit dem Jedermannrennen Münsterland Giro 2011
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Münster, Schloss Detail

Die barocke Fassade des Schlosses in Münster. Auf dem Schlossplatz davor ist jedes Jahr der Zielbereich vom Münsterland Giro - an dessen Jedermann-Radrennen auch ich mich in diesem Jahr versuche.

 

1. bis 3. Oktober 2011, Münster,
Wetter: Hochsommerlich, sonnig, tagsüber bis 28 Grad.

 

Münster - Sommerliche Herbsttage in einer traumhaften Fahrradstadt!

Der Sommer ist noch einmal ausgebrochen, in diesem Herbst in Münster. Am 1. Oktober 2011 fahren wir, also meine Liebste und ich, nach Münster, unsere Fahrräder als Gepäck im Zug. Dort, in Münster, stehen für uns dann drei Dinge auf dem Programm: Wir wollen die Stadt kennen lernen, von der uns immer wieder mal Freunde, die zum Teil lange dort lebten, begeistert erzählt haben. Dann gilt es ja auch noch, mein Versprechen vom Ende des vergangenen Jahres zu erfüllen: Ich wollte im Jahr 2011 doch drei Jedermann-Radrennen mitfahren: Das Velothon in Berlin, die Cyclassics in Hamburg - und dann noch ein weiteres Rennen. Hierfür wurde von uns die drittgrößte Veranstaltung dieser Art in Deutschland auserkoren: Das Münsterland Giro mit Start und Ziel in Münster.

Und als Drittes wollen wir beide direkt an das Hobby-Radrennen anschließend unsere mittlerweile zur Tradition gewordene, herbstliche Strecken-Radtour unternehmen. Als wir uns nach Münster begeben, ist noch gar nicht richtig klar, wohin diese in diesem Herbst gehen soll. Aber nach ein paar Überlegungen vor Ort wird schnell klar: Es soll von Münster aus gen Westen gehen. Ein kleines Stückchen auf dem Europa-Radweg R1, dann wollen wir in Darfeld die Quelle des Flusses Vechte suchen und auf der "Vechtetal-Route" nach Zwolle in die Niederlande fahren. Die Vechtetal-Route ist keine besonders bekannte und große Fahrrad-Strecke, begleitet den Fluss auf insgesamt 223 km von der Quelle bis zu seiner Mündung in das "Zwarte Meer", direkt in der Nähe der niederländischen Stadt Zwolle. Wenn danach noch ein wenig mehr Zeit in unserem Urlaub bleibt, dann schauen wir halt mal weiter, was uns noch einfällt.

Münster, Lambertikirche

Am nördlichen Ende wird der Prinzipalmarkt durch die gewaltige St. Lambertikirche begrenzt.

Münster, Schuhgeschäft

Viele Geschäfte am Prinzipalmarkt sind einen Blick wert. Sie sehen meist nicht so aus, wie man es üblicherweise aus Innenstädten der Welt so kennt, sondern sie sind oft schön und individuell hergerichtet, so wie dieses Schuhgeschäft.

 

 

 

Der Beginn dieser Urlaubs-Kombination aus Städtetour, Radrennen und Radstreckentour lässt sich jedenfalls grandios an: Für Oktober nicht gerade gewöhnlich, werden wir in Münster mit prallem Sonnenschein und Temperaturen weit über 20 Grad empfangen. Ein Glück dazu: Wir haben für die drei Tage in Münster eine wunderbare Ferienwohnung erwischt, sehr ruhig und idyllisch gelegen etwas außerhalb der Stadt. Kaum zu glauben, wie ländlich es gerade mal 4,5 Kilometer vom Zentrum Münsters entfernt ist! Wunderschön! Was für eine Lebensqualität in Münster: innerstädtisches Treiben und ländliche Ruhe eine kurze, bequeme Radfahrt voneinander entfernt! Wenn ich ähnliche Umgebung im heimatlichen Hamburg haben möchte, dann muss ich mindestens 20 km, eher 30 km vom Zentrum aus radeln.

Bei solch großartigen Bedingungen ist es in der Tat sehr leicht, eine Stadt zu mögen! Wir wehren uns auch gar nicht dagegen - und empfinden Münster auf Anhieb als sehr anregende Wohlfühl-Metropole. Als ständiger Radfahrer aus Hamburg und jetzt auch in Münster mit dem Rad unterwegs, fällt einem natürlich sofort auf, in was für einem unvorstellbaren Luxus die Radler dort schwelgen können. Es ist wirklich beeindruckend, die oftmals durchdachten Lösungen für Radfahrer zu nutzen. Obwohl... Man stellt auch schnell fest, dass der Trick in Münster ganz primitiv simpel ist: Es reicht einfach, die Radfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer ernst zu nehmen, sie so zu behandeln und entsprechenden Platz einzuräumen. Ein Denken, das den Verkehrplanern im heimischen Hamburg allerdings total fremd ist. Dort arbeitet man immer noch vehement daran, das 50er-/60er-Jahre-Konzept der autogerechten Stadt umzusetzen. Dabei sind Fahrradfahrer nur lästige Störenfriede. Münster ist das ganz anders!

Münster, Schloss

Das "Fürstbischöfliche Schloss Münster" ist schön anzuschauen. Heute ist es ein Teil der Universität Münster.

Münster, Aasee

Gleich neben der Innenstadt ist als großartiges Naherholungsgebiet der Aasee erreichbar. Das Areal wurde 2009 als schönster Park Europas ausgezeichnet. Und das wohl zu Recht...

Schnell denken wir: Ach, Du tolles Münster! Wie sehr genießen wir das Radeln hier - und nicht nur das! Nur weil es toll ist und Spaß macht, drehen wir ein paar Runden auf der Promenade. Man stelle sich das mal für Hamburg vor: Aus lauter Spaß durch den Stadtverkehr des Zentrums zu radeln! Wer fährt denn mit dem Rad schon mal freiwillig ein paar Runden um die Alster - nur weil das Radfahren so toll ist?

Aber nicht nur das Radfahren als Selbstzweck ist toll, wir finden auch jede Mange Orte, die wir spontan mögen: den Prinzipalmarkt, den Aasee mit dem Park, den Schlossgarten, beeindruckende Kirchen, schöne Parks, den Stadthafen, das eine oder andere Café.

Münster, Park an Promenade

"Münster zeigt Farbe" in Form von Blumen in einem Park neben der Promenade.

Münster, Sonnenuntergang

Sonnenuntergang am östlichen Stadtrand von Münster neben dem markanten Fernmeldeturm.

Beim abendlichen Essen am Stadthafen stellen wir dann allerdings fest, dass Münster eben auch eine normale Stadt ist. Nicht alles ist charmant - es gibt halt dort auch Flegel mittleren Alters.

Aber das ändert nichts an unserem Eindruck, dass Münster eine sehr lebenswerte Stadt ist und wir genießen unseren Aufenthalt.

Der dritte Tag dieses Aufenthalts steht jedoch ganz eindeutig im Zeichen des

Der Münsterland Giro 2011: Sturzfestival rund um Münster

Hatte uns im Vorfeld des Rennens schon der nette-lockere Ton in den vielen Info-Mails des Veranstalters des Münsterland-Giros gut gefallen, so setzt sich dieser angenehme Eindruck am Samstag bei der Abholung der Startunterlagen für das Rennen fort. Es geht entspannt freundlich zu in der Mensa der Universität, die für diesen Zweck hergerichtet wurde. Etwas chaotischer zwar, als wir es von Velothon und Cyclassics kennen - aber alles klappt gut. Wir beide haben für die kurze Strecke gemeldet, also für die knapp 60 Kilometer lange Strecke. Außergewöhnlich und besonders schön auch die extra georderten, originellen Trikots.

Und dann ist es auch schon Montag, der 3. Oktober 2011, der Tag des Münsterland Giros. Wieder gibt es prallen Sonnenschein, aber morgens ist es zunächst sehr nebelig und empfindlich kalt - auf der Fahrt zum Startbereich packen wir uns ganz schön ein. Schnell ist jedoch auch zu spüren, dass es wärmer wird. Im Laufe des Tages wird die 20 Grad-Marke wieder überschritten werden. Absolut perfekte Bedingungen für ein Radrennen! Zumal es auch keinen spürbaren Wind gibt.

Wieder, wie schon bei meinen bisherigen Jedermannrennen, bin ich mit meinem sportlichen Trekking-Rad unterwegs. Das bringt eben auch gleich alles mit für die nach dem Rennen in den Folgetagen anstehende Strecken-Radtour: stabiler Gepäckträger, komplettes Licht mit Nabendynamo, Nabenschaltung, Ständer, Schutzbleche. Auch hier in Münster beim Jedermannrennen ist man mit einem solchen Rad ein absoluter Exot. Sogar noch mehr, als in Berlin oder Hamburg auf den kurzen Strecken. Macht ja nix, es bedeutet ja nicht, dass man mit dieser Ausstattung langsamer ist, als die Leute mit den ultraleichten Rennrädern. Meine Behauptung ist nach wie vor: 80-90 Prozent der Geschwindigkeit machen die Beine aus. Oder, übersetzt: Die eigene Fitness. Und die fühlt sich bei mir in diesem Herbst bestens an!

Weil wir erstmalig bei dem Münsterland Giro dabei sind, starten wir natürlich aus dem letzten Block, ordnen uns dort auch recht weit hinten ein. Der Start selber verläuft, wie wir finden, etwas merkwürdig: Irgendwann wird der Startblock losgelassen, rollt ganz langsam zum Startbogen. Unsere Erwartung, dort noch einmal für den eigentlichen Start gestoppt zu werden, tritt nicht ein, sondern man rollt gemächlich weiter und steigert die Geschwindigkeit erst danach so nach und nach.

Es geht nach Norden, direkt hinaus aus Münster, in den Landkreis Steinfurt. Wobei die 60 km-Strecke eigentlich nur kurz in den Landkreis "hineinschnuppert". In jedem Jahr geht der Münsterland Giro durch einen anderen, angrenzenden Landkreis - und dieses Jahr geht es eben nach Steinfurt. Jedes Jahr eine andere Strecke, das hat auch einen besonderen Reiz und somit einen völlig anderen Charakter, als die mir bisher bekannten Rennen. Für die längeren Strecken der Jedermänner und für die später startenden Profis geht es heute bis in den Teutoburger Wald, dort mit erheblichen Steigungen. "Unsere" kurze Strecke ist jedoch absolut flach - eine Temporunde.

Die ersten paar Kilometer fahren wir gemeinsam in der uns eigenen, völlig defensiven Fahrweise, und lassen die ehrgeizigen, rasanten Renn-Fahrer erstmal nach vorne verschwinden, in der Hoffnung, dass es ab dann ruhig und gesittet unter den Fahrern zugeht. Danach dann verabschiede ich mich von meiner Liebsten langsam nach vorne - wir hatten uns eh vorgenommen, dass jeder sein persönliches Tempo finden soll.

Münsterland Giro 2011, Nebel

Am knackekalten Morgen des Münsterland Giros versinkt Münster und die Umgebung in dichtem Nebel.
(Foto: © sportograf.com)

 

 

 

Wie auch schon bei früheren Rennen erlebt, fährt sich mein Fahrrad bei solchen Ereignissen wie von allein. Das bringt einfach Spaß. Gruppenfahrten in größeren Gruppen mag ich nicht, das erscheint mir viel zu gefährlich. Wenn dort einer der insgesamt ja doch eher ungeübten einen Fehler macht, dann liegen gleich alle drum herum auf dem Asphalt. Nein danke, das muss ich nicht haben, verzichte dafür lieber auf etwas Geschwindigkeit wegen dem fehlenden Windschatten.

Ab und zu schließe ich mich allerdings kleinen Grüppchen oder anderen Einzelfahrern an. Ab und zu schließen sich auch bei mir Einzelfahrer oder kleine Grüppchen an - insgesamt geht es extrem gesittet und umsichtig zu, einstweilen. Es geht durch ein paar kleine Ortschaften und Dörfer, deren Namen ich zuvor noch nie gehört habe: Westbevern-Vadrup, Brock, Schmedehausen, Gelmer, Gittrup, Gimbte und Sprakel. Aber ich muss gestehen, dass ich ein wenig enttäuscht bin von der Stimmung an der Strecke. Nur sehr wenige Zuschauer verlieren sich dort und es kommt einfach keine rechte Stimmung auf. Aber vielleicht bin ich auch nur verwöhnt von den Vattenfall Cyclassics in Hamburg? Dort waren gerade die Ortsdurchfahrten auf der 100 km-Strecke meist richtig tolle Erlebnisse - eben wegen der schönen Stimmung durch die Zuschauer (siehe hier meinen ausführlichen Bericht zu den Cyclassics 2011 über 100 km, neues Fenster öffnet). Vielleicht ist ja auch der jährliche Strecken-Wechsel beim Münsterland-Giro mit dafür verantwortlich, dass sich bei den Zuschauern nicht eine regelrechte "Anfeuerung-Tradition" einstellt? Bei vielen Zuschauern an der seit etlichen Jahren immer gleichen Cyclassics-Strecke ist ein "Anfeuerungs-Frühstück" oder die jährliche "Anfeuerungs-Dorfparty" längst üblich geworden. Nun gut, so haben beide Möglichkeiten Vorteile: Abwechslungsreiche Strecken hier, mehr Anfeuerung dort.

Zumindest auf der Strecke kommt das Münsterland Giro nicht an diese Erlebnisse heran. Aber die Landschaft, die ich bisher noch überhaupt nicht kannte, gefällt mir gut - soweit ich sie denn während des Rennens wahrnehmen kann. Denn: Ich bin durchaus flott unterwegs. Dass es konditionell für diese kurze Strecke keine Probleme geben würde, das war mir eh klar. Meine "Reisegeschwindigkeit" liegt nach einiger Zeit zwischen 35 und 40 km/h und ich gewöhne mich an häufiges Überholen anderer Mitfahrer.

Erschrecken lässt mich jedoch immer wieder mal das eine oder andere Sturzopfer am Wegesrand. Ich sehe zwar keinen Sturz direkt in meiner Umgebung, aber erstaunt nehme ich zur Kenntnis, dass es offenbar deutlich mehr Stürze gibt, als ich es sonst so kenne. Ob das damit zusammen hängt, dass dieses Rennen Bestandteil des "German Cycling Cup" ist, bei dem im Rahmen von insgesamt elf Jedermannrennen durch eine Punktwertung Gesamtsieger ermittelt wird? Werden Leute dadurch vielleicht ehrgeiziger, als es gut ist?

Das Fahrerfeld jedenfalls erscheint mir insgesamt doch recht weit auseinander gezogen. Eigentlich sehe ich weit uns breit keinen Grund für irgendwelche Stürze. Komisch!

Nach ca. 40 km dann erfolgt der Zusammenschluss der Fahrerfelder mit den Fahrern der längeren Strecken, die früher in das Rennen gestartet waren. Ganz plötzlich und unvermutet bin ich in einer deutlich engeren und ehrgeizigeren Fahrerumgebung unterwegs. Nicht nur, dass ich mittlerweile viele Leute auf meiner Strecke überholt hatte - nein, für Rennen auf den längeren Strecken muss man im Allgemeinen einfach mal von vornherein etwas ehrgeiziger sein, als für Kurzstrecken.

Nach einiger Zeit führt der Weg für mehrere Kilometer auf ein sehr schmales Streckenstück - und plötzlich stecke ich unversehens mitten drin in einer riesigen Gruppe, sicherlich deutlich mehr als 100 Leute. Vielleicht 150, 200 Fahrer sind es, die sich hier auf dem schmalen Asphaltband zusammenquetschen. Es geht sehr eng zu, ein Überholen oder Zurückfallen lassen ist überhaupt nicht möglich. Ein wenig treibt man in dem Feld hin und her, vor und zurück, ich fahre konstant ganz rechts. Meine Sorge vor einem Sturz ist enorm, zumal wegen der Zahl der zuvor schon gesichteten Sturzopfer. Also bin ich mit allerhöchster Konzentration unterwegs.

Nach einigen Kilometern werde ich von links angesprochen: "Naaaa, auch mit dem Trekkingrad unterwegs?" Tatsächlich fährt da jemand neben mir, der auch mit geradem Lenker, Schutzblech und Gepäckträger unterwegs ist. Wir plaudern ein wenig, dass wir beide gerade auf Radtour sind (na ja, von mir leicht geflunkert, denn unsere Tour soll ja am nächsten Tag erst noch beginnen), das Rennen eine willkommene Abwechslung ist und dass es ja auch überhaupt kein Problem ist, ein solches Rennen mit einem Trekkingrad zu bestreiten. Dann treibt ihn das enge Feld wieder weg von mir, nach vorne. Dieser Fahrer bleibt den gesamten Tag der einzige andere Fahrer, den ich auf einem Trekkingrad sehe.

Glück gehabt: Auf den drei bis fünf Kilometern der sehr engen Straße geht alles gut - kein Sturz weit und breit. Das wäre auch schnell katastrophal gewesen! Als es dann wieder auf eine breite Straße geht, atme ich erleichtert auf, meine Anspannung lässt ein wenig nach. Bei anderen offenbar auch - das Ergebnis: Auf der nächsten knapp zwei Kilometern Strecke sehe ich auf der linken Seite gleich drei richtig schlimme Unfallstellen! Überall waren schon Helfer vor Ort, mit Motorrädern und auch mit Krankenwagen, aber die Eindrücke sind furchtbar! Ein wahres Sturzfestival! Der Ehrgeiz gepaart mit einsetzender Erschöpfung scheint bei vielen Mitfahrern fatale Wirkungen zu haben. Nein, das ist nicht das, was ich bei Jedermannrennen erleben will!

Ein Stückchen weiter geht es in einer weiten Linkskurve auf eine sehr breite Straße, wohl eine Bundesstraße. Während ich mich auf die Kurvenfahrt konzentriere, sehe ich plötzlich und unvermittelt ein paar Meter vor mir ganz rechts auf der Straße eine Frau in Rennkleidung auf dem Asphalt liegen. Flach auf dem Rücken liegt sie dort, völlig regungslos. Blut sehe ich keines in den wenigen Zehntelsekunden, auch kein Fahrrad. Mein erster Gedanke: "Sie sieht aus wie tot!". Gerade registriere ich noch, dass sich schon ein Sanitäter über sie beugt - aber der Schock fährt mir doch gewaltig in die Glieder. Ja, doch, das Münsterland Giro ist in der Tat ein enormes Sturzfestival! Und ich werde auf den letzten Kilometern meine Fahrweise daran anpassen. Basta!

Mittlerweile sind, anders als auf der ersten Hälfte des Rennens, viele Gruppen mit fünf bis ca. 20 Fahrer um mich herum unterwegs. Da ich mich noch nicht im Geringsten erschöpft fühle, ist das eine gute Möglichkeit, um mich im "Gruppenhopping" zu üben: Ich fahre an eine Gruppe heran, erhole mich hundert oder zweihundert Meter hinter ihnen im Windschatten, setze mich wieder nach vorne ab, bis ich die nächste Gruppe eingeholt habe - und so weiter. Nur: Warum bloß kommt von den anderen nie jemand mit nach vorne, um vielleicht zu zweit dabei etwas Windschatten zu nutzen?

Münsterland Giro 2011, Zielbogen

Im Zielbereich des Münsterland Giros wartet man auf die eintreffenden Radfahrer. (Foto: © sportograf.com)

 

 

 

Das richtig gute bei dieser Aktion: Meist fahre ich alleine zwischen den Gruppen - ohne Gefahr, durch einen Sturz unmittelbar gefährdet zu werden. Und es ist einfach ein verdammt gutes Training, allein im Wind zu fahren. Auch, wenn man, wie heute bei der Fast-Windstille, den "Wind" nur selber macht - durch die Fahrgeschwindigkeit.

Viel schneller als von mir vermutet kommen wir wieder nach Münster hinein. Jetzt nochmal schnell eine Gruppe nach vorne. Ein paar Zuschauer stehen seit der Einfahrt nach Münster am Rande. Aber auch viel, viel schneller, als gedacht, taucht zu meiner Rechten auch schon wieder das Schloss auf - und signalisiert: nur noch wenige hundert Meter bis zum Ziel.

 

 

 

Gut hundert Meter vor dem Ziel kommt die vor mir fahrende Gruppe recht abrupt zum Stopp, auch ich bremse auf Fußgänger-Geschwindigkeit. Ob es einen "Zielstau" gibt? Nein, offenbar mal wieder ein Sturz. Das Knäuel der Stehenden löst sich zügig wieder auf, Sturzopfer sehe ich hier gar nicht, war wohl nicht so schlimm. Und dann bin ich auch schon im Ziel. Immer noch etwas erschreckt über die vielen Stürze auf der Strecke. Mitgezählt habe ich nicht, aber es waren insgesamt sicher ein Dutzend Unfallorte, die ich passiert habe, vor allen Dingen in der zweiten Hälfte des Rennens. Vielleicht auch einige mehr. Welcher Wahnsinn! Insgesamt sicherlich mehr Unfälle, als in meinen vier bisherigen Rennen zusammen genommen - wobei ich dort zweimal das schreckliche Erlebnis hatte, einen Sturz direkt neben mir zu erleben.

Eine kurze Weile nach mir kommt auch meine Liebste ins Ziel - ohne Probleme. Sehr erleichtert und glücklich bin ich, als ich sie hundert Meter vor dem recht stimmungsvollen Ziel kommen sehe. Alles ist gut!

Wären die vielen Stürze nicht gewesen - es wäre ein fantastischer Renntag gewesen! Denn der äußere Rahmen stimmte in jeder Hinsicht: Das Wetter war klasse, die Strecke gefiel mir, die Absicherung war bestens. Die Stimmung an der Strecke war zwar meist nicht vorhanden - aber im Zielraum dann doch und das war sehr nett. Anders ausgedrückt: Der Veranstalter hat beste Arbeit abgeliefert, alles stimmte bis zur Perfektion. Für die etwas maue Stimmung am Rande kann der Veranstalter nichts, und für die Stürze auch nicht wirklich, auf besondere Gefahrenstellen war völlig ausreichend hingewiesen worden. Immerhin habe ich keinen Gestürzten gesehen, der noch nicht schon durch externe Helfer versorgt wurde. Und letztlich gehört ja auch das zu einer guten Organisation eines Rennens.

Eine ganze Weile genießen wir noch das schöne Flair bei dem fantastischen Wetter im Zielraum, machen es uns auf dem Rasen am Schloss gemütlich, erholen uns bei Pasta und alkoholfreiem Bier, das Sponsoren den Teilnehmern kostenfrei bereitstellen.

Meine Ergebnisse stimmen mich rundum zufrieden: Mein Tacho zeigte mir eine Strecke von 58,6 km an, die ich in eine Fahrzeit von 1:36:45 bewältigt habe. Eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 36,4 km/h bei einer Spitze von 46,6 km/h - deutlich mein schnellstes Rennen bisher. Für einen Trekkingradfahrer nicht schlecht, oder? In dem offiziellen Klassement belegte ich damit Platz 752 von 1093 ins Ziel gekommenen Fahrern, in meiner Altersklasse Platz 102 von 157 Fahrern. Na ja, es gibt schlimmeres...

Alles in allem jedoch bestimmen Bilder der Stürze meine Erinnerung an das Rennen - und das ist einfach sehr schade. Eigentlich hat dieses schöne Rennen anderes verdient, schöne Erinnerungen. Aber es gibt keinen Zweifel: Das Münsterland Giro an sich ist toll und hat eine weitere Chance verdient! Die schöne Stadt Münster und die nette Ferienwohnung tun ein Übriges dazu. Vielleicht kommen wir ja im kommenden Jahr schon wieder?

Münster, Auf der Laer

Exakt 4,5 km von der Promenade in Münsters Innenstadt entfernt sind wir mitten im Ländlichen und haben diesen wunderschönen Blick vom Balkon unserer Ferienwohnung. Es fällt uns nicht ganz leicht, uns hiervon loszureißen - aber es hilft nichts: Am Folgetag geht es ja auf unsere mittlerweile traditionelle Herbst-Radtour, diesmal auf die Vechtetal-Route.

Immerhin: Auf unserer diesjährigen "Herbst-Radtour" (wenn auch bei sommerlichem Wetter) haben wir nach dem Aufenthalt in Münster schon 140 Kilometer zurückgelegt, denn neben den 58,6 km beim Münsterland Giro haben wir an den anderen Tagen und um das Radrennen herum auch 81,4 km in Münster Rad gefahren. Und diese 81 km in Münster haben richtig Spaß gemacht - und das mitten im Stadtverkehr.

Nun aber gilt es für uns erstmal, Sachen zu packen! Denn am Folgetag steht ja der Start von unserer diesjährigen Herbst-Radtour an, die uns über ein kleines Stück des Europa-Radwegs R1 dann zur Vechtetal-Route führen soll, der wir bis in die Niederlande folgen wollen.

 

Den Bericht zu unserem ersten "richtigen Tag" auf der Radtour, wo wir von Münster aus ein Stück auf dem Europa-Radweg R1 fahren, um dann in Darfeld auf die Vechtetal-Route zu wechseln und bis nach Metelen zu fahren, finden Sie hier.

 

Hier können Sie meine externe Bilderserie mit 76 großformatigen Fotos von mehreren Aufenthalten in Münster auf meiner externen Webseite www.reiseberichte-bilder.de aufrufen (neues Fenster öffnet).

 

Der exakte Verlauf des Münsterlang Giros 2011 wird in der (zoombaren) Karte unten mit der blauen Linie angezeigt.

 

 

 

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Dirk Matzen

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