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Ein Geschäft in der Turnerstraße: Junge Brause. Zum G20-Gipfel geschlossen. Die Inschrift: "G20 Gefahr im Gebiete - Mother Nature First".
Das Karolinenviertel in Hamburg - ohne jeden Zweifel ist dieses Stadtviertel eines der buntesten, ungewöhnlichsten in Hamburg! Es gehört zum weltberühmten Stadtteil St. Pauli, liegt dort jedoch am nördlichsten Rand und bildet ein weitgehend eigenes, abgeschlossenes Quartier. Für mich eines der charmantesten Viertel Hamburgs, vielleicht das charmanteste überhaupt. Die Einheimischen nennen es kurz "Karoviertel".
Kennengelernt habe ich dieses Viertel recht früh, nachdem ich im Jahr 1989 nach Hamburg gezogen bin. Mein erster Arbeitsplatz lag am Neuen Kamp, direkt am Rande des Viertels. Dieses bot damals einen eher erschreckenden, heruntergekommenen und verarmten Eindruck: Eng eingezwängt zwischen dem noch in Betrieb befindlichen, riesigen Schlachthof mitten in der Stadt, dem gerade stillgelegten, aber fast hundert Jahre total auf Verschleiß gefahrenen Kraftwerk "Karoline", den damals nicht sehr einladenden Messehallen, Gerichten und Untersuchungshaftanstalt. Nicht attraktiv!
In den Folgejahren veränderte sich dies, durch eine lange Zeit nicht konfliktfreie, aber letztlich behutsame Sanierung. Entwickelt hat sich in den letzten 30 Jahren ein buntes, lebendiges, extrem vielfältiges Viertel. Platz für viel Kreativität gibt es hier, viele kleine individuelle Geschäfte, Cafés, Restaurants, Galerien. Vieles wirkt unangepasst, alternativ, keine Partyzone, aber auch keine politisch radikale Szene. Und dies wirkt wohl nicht nur so - es ist hier wohl auch so. Mit gefällt es dort einfach sehr!
Und dann kommt Freitag, der 7. Juli 2017. In Hamburg tagt der G20-Gipfel. Wie viele andere Leute sitze ich fassungslos bis tief in die Nacht vor dem Fernseher und sehe, wie im Hamburger Schanzenviertel nahezu bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Nicht nur in der Straße Schulterblatt wird gebrandschatzt und geplündert, auch durch die Gegenden drumherum zieht der schwarze Mob, an vielen Ecken und Enden der Stadt brennt es. Auch 200-300 Meter von meiner Wohnung entfernt gehen, bereits in der vorangegangenen Nacht, Scheiben zu Bruch, der tHubschrauber knattert gefühlt die halbe Nacht fast über dem Haus. Die Bilder der Nacht gehen um die Welt. Also wirklich um die GANZE Welt!
Das Schanzenviertel, in dem die Gewalt am zentralsten eskaliert, liegt schon recht nah an dem Veranstaltungsort des G20-Gipfels, den Hamburger Messehallen. Das Karolinenviertel jedoch grenzt ganz direkt und unmittelbar an die Hamburger Messehallen. Ist also quasi "viel, viel näher dran an dem Geschehen", als das Schanzenviertel.
Extrem aufgewühlt und völlig geschockt von Bildern der Eskalation der Gewalt in der Nacht schwinge ich mich am Samstag, den 8. Juli auf mein Rad, um vor Ort ein paar Eindrücke zu sammeln. Die Dinge, die da passiert sind, will ich, nein: muss ich irgendwie "begreifen" können. Auch mache ich mir Sorgen um "mein Karoviertel". Wie wird es dort wohl aussehen - wo es doch direkt an den Tagungsort grenzt? Wurde dort auch geplündert und gebrandschatzt?
Der erste Eindruck zeigt: Im Schanzenviertel treiben sich hunderte, vielleicht tausende Leute herum, denen es wohl ähnlich geht, wie mir. Der Brandgeruch liegt noch sengend in der Luft, aber es ist mir dort schon wieder viel zu viel Trubel, wie ja meistens im Schanzenviertel. Zehn Stunden nach exzessiver Gewalt, die wohl mit viel Glück keine Toten fordern, regiert hier schon wieder der Rausch der Selfies. Schnell weg hier!
Völlig anders ist es dann im Karoviertel. Dort liegt eine fast unwirkliche Ruhe über dem Viertel - wenn man mal von dem beständigen Knattern der Polizeihubschrauber absieht. Das sonst so bewegte Viertel wirkt wie gelähmt, leblos. Nahezu alle Cafés und Geschäfte sind geschlossen. Nur wenige Menschen sind auf der Straße, Autos fahren nicht, ein paar Radler rollen gemächlich durch die wenigen Straßen des Viertels - wohl ähnlich aufgewühlt, wie ich.
Eine bedrückende Atmosphäre. Nach den erschütternden Fernsehbildern von der vorangegangenen Nacht, sammle ich hier wieder dramatische Eindrücke ein - wenn auch auf andere, viel subtilere Art und Weise: Ein ganzer Stadtteil ist in Angesicht der ganz großen, massiven Weltpolitik direkt nebenan in Agonie verfallen. Duckt sich weg, ist ängstlich verriegelt und verrammelt. Letzteres allerdings zuweilen immerhin mit Stil: Einige der Holzplatten, hinter denen Geschäfte sich verstecken, sind künstlerisch gestaltet.
Erst im Karoviertel habe ich angefangen, meine Eindrücke per Kamera aufzunehmen. Näher, als in die Flora-Neumann-Straße, kann man an den Tagungsort des hermetisch abgeschotteten G20-Gipfels mit Merkel, Trump, Putin, Erdoğan und und und... nirgendwo herankommen, wenn man nicht akkreditiert ist - also als normaler Mensch. Es ist eine Sperrzone eingerichtet worden, die nicht betreten werden darf. Eine der Hallen, in denen getagt wird, liegt in ca. 50 m Entfernung. Hier werde ich von einem jungen Polizisten, er könnte mein Sohn sein, betont freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass ich bitte darauf achten solle, nicht irgendwelchen "taktischen Leitstände" oder ähnliches zu fotografieren. Ich weise ihn ebenso freundlich darauf hin, dass ich mich hier immerhin auf öffentlichem Grund bewege und es in Deutschland die Panoramafreiheit gäbe. Verzichte aber auf weiteres Geplänkel (woran ich denn wohl solche Leitstände erkennen könne?), merke aber noch an, dass ich sehr froh bin, dass die Polizei hier ist, sie wohl furchtbar lange Einsatzzeiten und eine entsetzliche letzte Nacht hatten und ich sehr dankbar für ihren Einsatz bin. Wohl zuviel für den jungen Mann, schlagartig wendet er sich ab. Und ich verzichte bis zur nächsten Ecke auf weitere Fotos.
Ansonsten werde ich in Ruhe gelassen an diesem "Samstag nach der Schlacht". Ein wenig beruhigt bin ich, dass "mein Karoviertel" diese Nacht offenbar recht heil überstanden hat.
Erst im Laufe der Woche danach entsteht der Gedanke, diese Runde, die ich am Samstag, den 8.7. gemacht habe, an dem darauf folgenden Samstag, den 15.7. noch einmal zu wiederholen, und das ganz exakt so, wie eine Woche zuvor! So tue ich es dann auch: Zur genau gleichen Zeit besuche ich noch einmal kurz das Schanzenviertel und wesentlich ausführlicher das Karolinenviertel. In das Schanzenviertel ist die übliche Partyszene zurückgekehrt: Menschenmassen besaufen sich gegen Mittag rechtzeitig und gründlich, um dann auf dem "Schlagermove" die richtige Stimmung zu haben. Ganz schnell biege ich ab.
Auch im Karoviertel ist das gewöhnliche Leben weitgehend zurück gekehrt. Nicht so sehr als Partyfeeling, eher das außergewöhnliche Shoppen und Kaffeetrinken zählt hier. Da bin ich beruhigt! Etliche der Protestplakate hängen noch, aber so richtig drängen sich die vergangenen Tage nicht in den Vordergrund. Ich besuche und fotografiere einige der Orte wieder, die ich genau eine Woche zuvor schon abgelichtet habe. Es ergibt sich ein guter Vergleich der Atmosphäre im Karolinenviertel während des G20-Gipfels - und eine Woche danach. Einige dieser Vergleiche sind hier zu finden. Nicht immer ist es mir gelungen, den gleichen Blickwinkel, wie eine Woche zuvor zu erwischen. Aber die Bilderpaare zeigen doch immer die gleichen Orte.
Absurde Duplizität der beiden Besuche: An beiden Tagen knattert beharrlich ein Hubschrauber über dem Viertel. Am 8.7. wegen der allgemeinen Sicherheitslage und einer in der Nähe startenden Demonstration, jetzt, am 15.7., wohl wegen des sich sammelnden Schlagermoves...
Betonen möchte ich noch: Etliche der abgebildeten Parolen geben nicht unbedingt meine Ansichten wider! Einige aber natürlich schon. Z.B. das allgemeine "NO G20", das an vielen Stellen zu sehen gewesen ist, teile ich so allgemein nicht. Das ist mir zu simpel und zu dünne. Im Gegenteil: Je mehr die Welt aus dem Lot gerät, umso wichtiger finde ich es, dass diese herrschenden Leute sich zusammen setzen. Ob jedoch dieser gigantische Umfang mit 6.000 Menschen in den Delegationen und 5.000 Journalisten richtig und zielführend ist, das bezweifle ich auch nach einer Woche der Verarbeitung massiv. Und völlig klar ist: Der Ort, den man sich hier in Hamburg für diese Konferenz ausgesucht hat, ist ganz sicher der absolut dämlichste Ort überhaupt hierfür - zumindest in Deutschland. Und dass sich das kleine, etwas widerspenstige Karoviertel eher zurückhaltend und dezent dagegen gewehrt hat, dass es lange Zeit mit gewaltigen Einschränkungen leben muss, dass die Geschäftsleute einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden müssen - das verstehe ich allerdings voll und ganz und finde es dann wieder sympathisch.
Eigentlich stelle ich diese Bilderserie vor allem für mich selber zusammen. Ich merke noch den Bedarf, das Gesehene irgendwie zu sortieren, zu verstehen, zu verdauen. Wer will, darf jedoch gerne mitschauen. Ein wenig habe ich mich auch in der weiteren Umgebung des Karolinenviertels umgeschaut.
Noch kurz zur Lesart der Bilderserie: Das obere Bild in jeder Box zeigt immer den Zustand während des G20-Gipfel, das untere eine Woche danach. Eine besondere Reihenfolge der Bilder habe ich nicht eingehalten, sondern alles so in der Reihenfolge abgebildet, wie ich fotografiert habe und also die Bilder zu mir gekommen sind. Zuweilen gleichen die Bilder einem Suchspiel, nach dem Motto: Finde den Unterschied! Zuweilen aber ist es auch frappierend, wie tief der Eingriff in das Leben am Karoviertel gewesen ist.
Das Plakat "Camping all City!" direkt am Neuen Kamp am Zaun über der U-Bahn-Strecke.
Eine Woche später ist es fort.
An der "Keimzelle" auf dem Ölmühlenplatz wird "Worldwide Solidarity" signalisiert - und ist während des G20-Gipfels im Blick der Polizei.
Der Ölmühlenplatz ist während des G20-Gipfels mit vielen Transparenten versehen, wie diesem hier: "G20 - Viel Lärm um Nichts".
Eine Woche später sind alle Plakate weg.
Der Marktweg: Eines der angrenzenden beiden Cafés hat während des G20-Gipfels geöffnet - und ein Tisch ist sogar besetzt.
Eine Woche später ist alles wieder, wie gewohnt.
Das Kunstwerk an der Hausfassade am Marktweg muss leiden: "Besatzer raus - Scheiss G20" wurde darauf gesprüht.
Und bleibt natürlich erhalten...
Keine Änderung an diesem Wohngebäude in der Marktstraße, das Transparent ist erhalten geblieben und bleibt ja so oder so gültig: "Respect our hood".
Der Ölmühlenplatz ist während des G20-Gipfels zu einem Ort des stillen Protests mit vielen Plakaten geworden.
Eine Woche später ist er wieder der normale Treffpunkt des Viertels.
Beim Blick entlang der zentralen Marktstraße sind die Unterschiede zwischen beiden Fotos gar nicht soo riesig. Aber oben sind doch verblüffend wenige Personen und Autos in der Straße.
Der "druck dealer" bezieht während des G20 ganz klar Stellung: "You are not welcome" steht um die Karikaturen von Putin, Trump und Erdoğan.
Eine Woche später haben sich die nicht willkommenen dann wieder verdrückt.
"G20 - Bin Weg - Bier holen!" verlautet es auf dem geschlossenen Bekleidungsgeschäft "Hot Dogs".
Eine Woche später ist das Bier offenbar da.
Auch der Streetwareladen "Holy Moly" bezieht klar Stellung. Während des G20-Gipfels dreifach, eine Woche später dann immerhin noch doppelt: "Take you G and your 20 and Fuck yourself!" heißt es auf den Tafeln.
Die Hamburger Filiale des edlen Modegeschäfts "Herr von Eden" hat sich während des G20-Gipfels anspruchsvoll verrammelt. Die Beschriftung auf den massiven Holztafeln: "Sind die Türen verrammelt, so darf der Gedanke erst recht nicht abbrechen. Er hätte die Gründe zu analysieren und daraus die Konsequenzen ziehen. An ihm ist es, nicht die Situation als endgültig hinzunehmen." Ein Polizeiwagen steht beim G20 direkt daneben.
Eine Woche später: Wie einladend! Und offenbar hat man das Entfernen der Tafeln dann dazu genutzt, den Sockel neu zu bemalen.
Eigene Kunstplakate mit der Aussage NOG20 hat die geschlossene "Galerie der Schlumper" während des G20-Gipfels in die Fenster gehängt.
Eine Woche später kann man wieder die aktuelle Ausstellung "Sexi Bein" besuchen.
Das Bekleidungsgeschäft "Reuker HP" hat stilvoll geschlossen während des Gipfels.
Und diesen Stil bewahrt man hinterher auch noch bei.
Die Transparente an diesem Gebäude in der Marktstraße hängen, zum größten Teil, nach wie vor.
Der Surf-Laden "Langbrett" überzeugt mit eine Aussage, die wohl jeder unterschreiben kann: "make love not war". Kombiniert wird dies mit der Aussage NOG20.
Das schön gestaltete Friedenssymbol bleibt einstweilen erhalten.
Mit einem schönen (und wohl vergänglichem) Kunstwerk der Künstlerin Bona schützt sich das Geschäft für Accessoires "Serendipity".
Offenbar mit Erfolg, wie ich eine Woche später sehen kann.
"Gretchens Zuckerbude", natürlich zur daneben liegenden "Gretchens Villa" gehörend, hat sich zum G20-Gipfel auch verrammelt und sich, wie viele andere auch, mit dem Greenpeace-Plakat "Planet Earth First" geschmückt.
Eine Woche später herrscht wieder gewohnter Betrieb.
Auch "Gretchens Villa" selber ist während des Gipfels total verrammelt und geschlossen.
Wie beliebt das Café ist (und welcher Einnahmeverlust durch die Schließung entsteht), sieht man eine Woche später.
Ist das "Goldig"! Das gleichnamige Bekleidungsgeschäft schützt sich auch mit einer kunstvollen Verpackung, signiert vom Künstler Lapiz.
Eine Woche später sehe ich: Das hat geklappt!
"art against violence" heißt es im Schaufenster der "Farbwerke M6 Konterkaro".
Offenbar hat's geklappt, jedenfalls ist eine Woche später davon nichts mehr zu sehen.
"Snaps.Hamburg" zeigt während des G20-Gipfels ein Friedenssymbol in Leuchtfarbe.
Offenbar ließ sich dies auch wieder gut entfernen, wie ich eine Woche später sehe.
Dieser Hausaufgang wird während des G20-Gipfels unter den gütigen Blick von Edward Snowden gestellt. Fast sieht es aus, als hätte er einen Heiligenschein.
Eine Woche später hat er sich wieder zurückgezogen - und Fahrräder beherrschen wieder die Szenerie.
Auch das Modegeschäft "Goldmarie-Shop" hat sich ein Stück Kunst von Lapiz zum Schutz des Ladens geleistet.
Und, Überraschung: Dieses Kunstwerk bleibt offenbar einstweilen erhalten - aber die Tür ist eine Woche später geöffnet.
Diese Häuserzeile mit den einladenden Geschäften zeigt die gesamte Tragik des Zustands während des G20-Gipfels: Keine Menschen, keine Autos, Geschäfte zur Haupt-Shopping-Zeit dicht und zumeist verrammelt.
Eine Woche später habe ich Mühe, die Zeile überhaupt wieder in ein Foto zu bekommen: Die vielen Autos versperren den Blick. Und es zeigt sich: Die Menschen, sie sind wieder zurück im Karoviertel.
Die "KunstHaltestelle" überzeugt mich mit einer guten Idee: Auf dem linken Schaufenster war eine "#G20WISHWALL" eingerichtet, auf der jeder eigene Wünsche unterbringen konnte. Und, Überraschung: Der Laden hat während G20 geöffnet!
Eine Woche später ist die Tür wieder geöffnet - nur das Schaufenster hat wieder seine normale Funktion.
Das rechte Schaufenster der "KunstHaltestelle" bietet als Gegenpol zum linken Schaufenster während des G20 die Möglichkeit, "#SCHIMPFWÖRTERGEGENG20" aufzuschreiben.
Eine Woche später ist das Schaufenster wieder Schaufenster.
Die "IIWII-Gallery" ("It Is What It Is) in der
Marktstraße 1 und in direkter Sichtweite zu den Messehallen, ist während des Gipfels auch geschlossen, teilweise vergittert und meint nicht sehr künstlerisch "G20 NO".
Eine Woche später ist es wieder, wie es sein soll: Kunden interessieren sich für die Auslagen der Schaufenster.
Der Süd-Eingang der Hamburger Messehallen, der direkt an das Karolinenviertel grenzt: Während des G20 von Polizei mit bereitgestelltem Wasserwerfer und Polizisten mit Gewehren im Anschlag schwer bewacht. Die Messehallen rechts der hier abgebildeten Karolinenstraße sind gar nicht Bestandteil des G20-Gipfels. Immerhin: Die linke Straßenseite ist für Normalbürger begehbar.
Eine Woche später gibt's wieder freie Fahrt auf der Karolinenstraße.
Man hat sich hier in der Karolinenstraße schon an Polizeianwesenheit gewöhnt: Seit einigen Monaten werden die Messehallen beständig von immer mehr Polizei bewacht. Jetzt ist das Polizei-Aufgebot beeindruckend und schwer bewaffnet.
Eine Woche später erscheint alles wie ein vergangener Spuk.
Kleiner Protest gegenüber der Messehalle, aber bitte schön ordentlich und keine Fahrräder anschließen!
Eine Woche später hat man das Fahrrad-Schild zugestellt und links neben dem langsam zerfleddernden Ausschnitt einen Motorroller abgestellt.
Für "normale" Menschen ist hier, an der Abzweigung Flora-Neumann-Straße zur Karolinenstraße, Schluss und kein Durchkommen während des G20-Gipfels: Hier beginnt die "Sicherheitszone 2", die "gelbe Zone". Schwer bewacht durch die Polizei.
Eine Woche später sind Gitter und Polizei verschwunden - und die Sonne wieder da.
Blick die Karolinenstraße entlang an der "gelben Zone": Die Polizei ist nicht so massiv anwesend, wie ich zuvor vermutet hatte. Und sie zeigt sich, der entsetzlichen Vorkommnisse des Vortags zum Trotz, relativ entspannt.
Eine Woche später sind die Gitter und die Polizisten verschwunden - ebenso, wie die seit Monaten dort drüben stehenden Polizeiautos.
Blick durch die Flora-Neumann-Straße direkt an der Sicherheitszone 2 während des Gipfels: Parkverbot für private Autos, erstaunlich wenig Polizei, kein Leben - aber immerhin ist die Ampel in Betrieb.
Eine Woche später ist alles wieder normal zugeparkt, die Ampel mal wieder rot und selbst das angefressene Lindenblatt hat den G20-Gipfel ohne weitere Schäden überstanden.
Die Bewohner der schicken Neubauten innerhalb der gelben Sicherheitszone 2 waren gut abgeschirmt und unter Bewachung während des G20-Gipfels.
Eine Woche später müssen sie wieder alleine klar kommen.
Von dieser Perspektive habe ich nur ein Bild von der Zeit nach dem Gipfel - nachdem ich eine Woche zuvor durch die Polizei einen in der Tat freundlichen Hinweis bekommen hatte, mit meinen Fotos doch aufzupassen. Direkt hinter dem Gebäude rechts beginnt während des Gipfels die "rote Sicherheitszone 1", die Hochsicherheitszone. Und das Gebäude mit dem auffälligen, welligen Dach ist eine der Tagungshallen gewesen - 50 m von diesem Ort entfernt. Wenn ich mich recht erinnere, gab es an dieser Stelle einen angebrachten Sichtschutz.
An der Ecke Grabenstraße / Vorwerkstraße, ca. 50 m von der "gelben Zone" entfernt (hinten sieht man die Polizeisperre), hat jemand mit Kreide seine Meinung auf die Gehwegplatten geschrieben: "G20 not in our name! Respect us!"
Eine Woche später ist die Polizeisperre, genauso wie der Schriftzug, verschwunden - aber Autos sind wieder da.
Neben den einladenden Wohngebieten an der Grabenstraße hängt während des Gipfels die Meinungsäußerung von Anwohnern: "Wir wurden nicht gefragt - wir hätten Nein! gesagt".
Eine Woche später ist der Blick auf den schönen Hof wieder frei.
Wieder zurück in der Marktstraße 113 findet sich bei der Druckerei "M113" mal wieder ein Statement: "G20 ist dumm & stinkt".
Eine Woche später stinkt hier offenbar nichts mehr.
Der Blick durch die Turnerstraße zur Marktstraße während des G20-Gipfels zeigt: Fast nichts. Außer einem Polizeifahrzeug, ein paar Fahrrädern und drei Menschen.
Eine Woche später: So ist der Normalzustand in der Turnerstraße - Autos, kaum Menschen. Fast stellt sich die sicherlich verbotene Frage, welcher Zustand denn wohl besser ist.
Die "Verwaltung Hotel Budapester Hof-Apricot GmbH" an der Ecke Turnerstraße / Ölmühle hat sich während des G20-Gipfels besonders weggeduckt - und sich massiv hinter Holzplatten versteckt.
Erstaunt bin ich, zu sehen, dass dies nicht genutzt hat: Einige Scheiben sind hier zu Bruch gegangen - es ist der einzige Ort im Karoviertel, wo ich dies eine Woche später so feststelle.
Am Samstagmittag nach der stundenlangen, wilden Randale ein paar hundert Meter weiter bin ich richtig gerührt, als ich sehe, wie eine junge Frau mit Kreide auf der Ecke Neuer Kamp / Marktstraße den Satz "Nur wer friedlich demonstriert, hat's kapiert!" schreibt.
Nach viel, viel Regen unter der Woche ist der schöne Satz eine Woche später weggespült.
Genauso, wie auf den Bildern darüber, an der gegenüber liegenden Kreuzung Feldstraße / Marktstraße: "Nur wer friedlich demonstriert, hat's kapiert!"
Eine Woche später hat das Fahrrad gewechselt, die Beschriftung ist ganz vreschwunden.
Wir haben schon die "rote Zone" und die "gelbe Zone" als "Sicherheitszonen" kennen gelernt - hier, neben der Freifläche an der Alten Rinderschlachthalle, stoße ich dann auf die "Bunte Zone". Am frühen Samstagnachmittag während des G20-Gipfels leider ungewohnt trist.
Eine Woche später ist der wöchentlich am Samstag stattfindende Flohmarkt "Flohschanze" wieder da - und dann ist es wirklich die bunte Zone.
Während des G20-Gipfels auch verriegelt: Die SLGH - die "Slaughterhouse GmbH" in einer Hallen des ehemaligen Schlachthofs.
Eine Woche später ist man wieder frei, aber in "leichter Bedrängnis" durch die Flohschanze.
Während des G20-Gipfels ebenfalls dicht ist das Restaurant "Feldstern" neben der Alten Rinderschlachthalle: "Aufgrund des kommenden Irrsinns haben wir Freitag und Samstag geschlossen! Passt auf euch auf. Bis Sonntag...."
Am darauffolgenden Samstag steht die Tür den Besuchern wieder offen.
Gut gesichert ist die Kneipe "Dschungel" im Schlachthof-Anbau an der Sternstraße. Die Aufschrift auf dem Holz: "G(20)eh bitte - sag niemand, das du hier warst".
Eine Woche später ist am frühen Nachmittag natürlich noch nicht viel los.
Während des G20 hat sich "Tattoo Piercing Jungbluth" gut geschützt und die Holzplatten mit Graffiti des Künstlers "BETY" versehen (über den oder die ich nichts in Erfahrung bringen kann).
Der Normalzustand eine Woche später geht dann am Rande der Flohschanze gelassen vor sich.
In der Sternstraße hat sich der "Marktplatz", das Ladengeschäft der Firma Salzbrenner-Würstchen, im Erdgeschoss auch gut versteckt. Offenbar ist es beliebt gewesen, dort seine Farbsprays zu testen.
Eine Woche später trifft man sich hier, versteckt hinter den parkenden Autos, zur Vorbereitung auf den Schlagermove.
Fast trifft mich der Schlag, als ich zum legendären Restaurant "Erika's Eck" in der Sternstraße komme! Eine echte Hamburger Institution - geschlossen! Sozusagen vom G20 erdrückt: "Liebe Gäste, aufgrund der bevorstehenden Demos und Sperrungen haben wir beschlossen, das Erika's Eck bis Montag 6:00 Uhr zu schließen. Es tut uns sehr leid aber am Montag geht es wie gewohnt weiter. Ihr Erika's Eck Team".
Eine Woche später ist wieder geöffnet, mit warmer Küche von 17:00 bis 14:00 (!) Uhr, am Wochenende bis 9:00 Uhr. Gott sei Dank!
Hallo, WKL16! Jeder noch so kleine Hydrant wurde vor und während des G20-Gipfels ebenso versiegelt, wie Kanal- oder Gullydeckel.
Offenbar schert es niemanden, diese Versiegelung nach Ende des Gipfels wieder zu entfernen. Und sie ist, obwohl mitten auf der Straße, verblüffend wenig abgenutzt binnen einer Woche.
Die Luftmessstation im Sternschanzenpark grenzt direkt an die Sicherheitszone 2, die "gelbe Zone", und stand so offenbar genügend unter unmittelbarem Polizeischutz...
... dass sie kein Raub der Flammen wurde und normal weitermessen kann.
Öd und leer liegt der Sportplatz des "SC Sternschanze" während des G20-Gipfels dort. Nicht einmal gelangweilte Gipfelteilnehmer nutzen die Gelegenheit zur sportlichen Betätigung in unmittelbarer Nachbarschaft. Und, wenn ich es richtig erkenne, dann hat man aus Hütchen aus dem Mittelkreis ein Friedenssymbol gemacht - tolle Idee!
Eine Woche später gehört der Sportplatz wieder den Fussballkindern.
Es ging durch die lokalen Medien: Das Pianohaus Trübger, seit 140 Jahren existent und seit über 100 Jahren an diesem Standort, sah sich erstmalig gezwungen, das eigene Geschäft an der Schanzenstraße selber zu schützen und zu schließen. Das Motto ist natürlich großartig gewählt: "Immer schön Piano!" und weiter: "Wir wünschen der Welt und Hamburg eine friedliche Politik und einen friedlichen Protest. Und: Reinschauen geht leider erst wieder nach dem Gipfel."
Die Wünsche gingen leider nicht komplett in Erfüllung - aber das Traditionshaus hat die Gewalt in unmittelbarer Nachbarschaft offenbar gut überstanden.
Wie ein Haufen Schutt liegen die nach einem Barrikadenbau beiseite geräumten Straßenabsperrungen an der Ecke Kleiner Schäferkamp / Weidenallee. Immerhin finden sie während des G20-Gipfels noch fotografisches Interesse.
Eine Woche später liegen sie immer noch unangetastet da - nur die Werbung dahinter hat sich verändert.
"Let's smash G20 now!" meint man am "Info-Laden Schwarzmarkt", einem Infoladen der autonomen Bewegung, am Kleinen Schäferkamp.
Genauso eine Woche später - der einzige Ort, an dem sich nichts verändert hat!?
"We wish all peaceful encounters!" - selbst das Elisabeth Alten- und Pflegeheim am Kleinen Schäferkamp beteiligt sich an der öffentlichen Debatte.
Während des G20-Gipfels und genauso danach.
Am Schlump / Kleiner Schäferkamp hat sich "Peter Pane" auch massiv vor Angriffen geschützt. Ein Auto kam bis hierhin - und das Holz wurde nicht einmal mit Graffiti versehen!
Eine Woche später herrscht wieder richtig viel Betrieb in dem Restaurant-Betrieb - und auch davor.
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